Häufig gestellte Fragen zu Chemie im Kontext

Die Konzeption Chemie im Kontext wirft immer wieder Fragen auf. Einige sollen hier beantwortet werden.


Was ist wirklich neu an Chemie im Kontext?

Natürlich kann man sagen, Chemie im Kontext sei »alter Wein in neuen Schläuchen« und »ein bisschen Kontext« mache doch jede und jeder mal – die Planung des gesamten Chemieunterrichts entlang einer Abfolge sinnstiftender Kontexte ist jedoch durchaus innovativ! Alltagsbezüge gelten bei Chemie im Kontext nicht mehr nur als motivierende »Blicke über den Tellerrand«, sondern sind zum didaktischen Rückrat des gesamten Unterrichts geworden. Wie radikal dieser Anspruch ist, zeigt sich im Vergleich der didaktischen Struktur eines Kontexts mit der oft eher fachsystematischen Struktur eines Lehrplans. Das zum Verständnis eines Kontexts notwendige Fachwissen erstreckt sich stets über mehrere Kategorien des Lehrplans. Chemie im Kontext realisiert somit in besonders konsequenter Weise die Forderungen nach einer Situierung des Lernens und dem Aufbau eines vernetzten Fachwissens.
Die Kontextorientierung wird zudem verbunden mit anschließende Dekontextualisierung, einer Vielfalt an Methoden und der Rückführung des Erlernten auf zentrale chemische Basiskonzepte. So wird ein kumulativer Aufbau von Fachwissen, strukturiert in Basiskonzepten, erreicht, fachliche Ansprüche mit Erkenntnissen über das Lehren und Lernen in der Unterrichtspraxis verbunden und der Erwerb fächerübergreifender Kompetenzen stärker gefördert als im herkömmlichen Unterricht.

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Werden Fachinhalte bei Chemie im Kontext zu unstrukturiert und oberflächlich vermittelt?

»Wir können doch nicht immer nur Kontext machen, zwischendurch müssen wir auch mal ein paar Stunden richtige Chemie unterrichten!« Dieses Zitat eines Lehrers weist auf ein verbreitetes Urteil über lebensweltlich orientierten Unterricht hin: »Kontext« wird oft mit Oberflächlichkeit gleichgesetzt. In der Tat besteht die Gefahr, dass durch eine einseitige Betonung der lebensweltlichen Zugänge das systematische Lernen sowie die anspruchsvollen, abstrakteren Fragestellungen aus dem Blick geraten.
Bei der Konzeption von Chemie im Kontext wurde von vornherein versucht, dieser Gefahr vorzubeugen. Um den systematischen Aufbau von Fachwissen zu gewährleisten, erhalten Basiskonzepte als strukturierende Elemente eine zentrale Bedeutung. Kontextinhalte werden im Verlauf der Unterrichtseinheit »dekontextualisiert«, das heißt, sie werden einem kontextunabhängigen, fachsystematischen Gerüst zugeordnet.
Zudem stellt bereits die Kontextorientierung selbst für Lehrende und Lernende hohe Ansprüche: Die Lernenden müssen sich Phänomene des Alltags oft mit Hilfe von Primärquellen erschließen. Die Auseinandersetzung mit komplexen Alltagsphänomenen fordert sie und ihre Lehrkraft daher deutlich stärker heraus als die Arbeit mit den didaktisch aufbereiteten Inhalten der Schulbücher.
Komplexität manifestiert sich auch darin, dass in der Regel mehrere Lehrplanthemen gleichzeitig in die Lösung der Fragestellungen einbezogen werden. Dieser Herausforderung muss sich ein moderner Chemieunterricht stellen: Nur vernetztes Wissen bleibt nachhaltig gesichert und anwendbar.

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Wie fügt sich Chemie im Kontext in die Lehrpläne ein?

Chemie im Kontext orientiert sich nicht primär an der Fachsystematik, greift aber die zentralen, für die Schule geforderten chemischen Inhalte auf. Insgesamt bietet die Konzeption vielfältige Anregungen für einen zeitgemäßen Chemieunterricht, der die aktuellen Bildungsziele und die Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Chemie (EPA, KMK 2004) umsetzt. Dies zeigt sich auch darin, dass einzelne Grundgedanken von Chemie im Kontext in die entsprechenden Bildungspläne verschiedener Länder übernommen wurden. Trotzdem kann es natürlich vorkommen, dass Vorgehen oder Reihenfolge im Unterricht im Vergleich zu den Lehrplaninhalten verschoben werden, weil die Inhalte dann vermittelt werden, wenn dies zum jeweiligen Kontext passt.

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Wie verändern sich die Aufgaben der Lehrenden und Lernenden?

Chemie im Kontext möchte das eigenständige und selbstgesteuerte Lernen der Schülerinnen und Schüler fördern, damit zentrale Kompetenzen im Sinne einer naturwissenschaftlichen Grundbildung (Scientific Literacy), aber auch im Sinne einer späteren Studierfähigkeit entwickelt werden können:
Wie strukturiere ich ein komplexes Problem?
Welche Fragen können mit Hilfe der Wissenschaft Chemie untersucht werden?
Wie präsentiere ich die Ergebnisse?
Durch diese Schwerpunktsetzung auf Eigentätigkeit müssen die Lernenden ihre eher passive Rolle ablegen. Der Lehrkraft fällt verstärkt eine moderierende und damit vielleicht auch weniger vertraute Rolle zu: Sie übernimmt die Funktion einer Lernbegleitung.
Selbstverständlich schließt Chemie im Kontext »traditionelle« Phasen im Unterrichtsverlauf nicht aus. Es wird aber bewusst eine Vielfalt an Methoden im Unterricht realisiert, so dass sich die Rollen von Lernenden und Lehrenden ständig ändern und weiterentwickeln können.

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Was bedeutet Selbstevaluation?

Dieses Stichwort spielt bei Chemie im Kontext eine wesentliche Rolle. Es soll nicht bedeuten, dass die Lehrkräfte Evaluationen im wissenschaftlichen Sinne durchführen, sondern dass sie die stattfindenden Lehr- und Lernprozess regelmäßig reflektieren, etwa mit Hilfe von Lernbegleitbögen. So können sie den Erfolg ihres eigenen Handelns besser beurteilen.

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